Samstag, 21. Juni 2014

Tag 022: Alles hat seine Zeit

Der Schlüssel zu meinen Zimmer in der Unteren Valentinalm hatte zwar wohl mit dem letzten Gast Beine bekommen - wahrscheinlich aber nicht wörtlich, denn welcher Wanderer würde sich freiwillig dieses völlig nutzlose Gewicht aufbürden, wo doch schon ein zuweilen sehr hilfreicher AV-Schlüssel 57g auf die Waage bringt.
Nicht nur ob der ca. 15 Niederösterreichischen (Alpin-)Polizisten im Haus, die zur Kletterausbildung über's Wochenende dienstlich hier sind, habe ich aber keinerlei Sorge, daß irgendwas wegkommen könnte: Wie hieß es schon in meiner Kindheit, mich würde man sowieso wieder umgehend zurück bringen, wenn sich Nahrungsbedarf abzeichnet - und der ist gerade seit 3 Wochen auch wieder leicht erhöht. Und wer würde schon freiwillig ein kleines Einzelzimmerchen unter dem Dach betreten, wo meine Wanderklamotten und vor allen Dingen die Socken auslüften ... ?

Statt 403 heißt es nun also erstmal 432 Südalpenweg/Karnischer Höhenweg/Kärntener Grenzlandweg/Friedensweg lasse ich endgültig hinter mir, einzig die rote Via Alpina wird mir wohl noch des öfteren begegnen.

Der Aufstieg zum Hinterjoch ist wirklich schon gut präpariert, wie der Wirt es vorhergesagt hatte, und nach dem Weiterweg über die Mauthner Alm kehre ich erstmal kurz auf ein Getränk an der Enzianhütte bei der Tante des letzten Wirts ein.

Eine kurze Rückfrage wird bestätigt: Hier gab es mal ein Skigebiet mit 2-3 Liften. Die 60er-Jahre Sesselliftbergstationshäuschen erkenne ich auch von hinten - wahrscheinlich sogar bei Neumond und 3 Bier. Ok, ok, letzteres ist unwahrscheinlich, aber was hätte ich wohl sonst noch für verrückte Ideen ...
Bereits vor ca. 25 Jahren hat man hier die Zeichen der Zeit erkannt: Mit dem Auf-/Ausbau des großen Skigebiets machte man dieses und noch ein paar kleine dicht, baute die Liftanlagen bis auf die Fundamente ab (nicht so wie bei den Franzosen, wo gegenüber des Mont Blancs 50 Meter hohe, häßliche Betonungetüme neben der nächsten Liftgeneration in der Landschaft stehen) und renaturierte den Berg, so daß heute kaum nach etwas auf die Historie hinweist.
Die ehemalige Skihütte Enzianhütte trägt sich nun wohl auch im Sommer, die Blütenpracht in der oberen Almregion mit Blumenrundwanderweg ist klasse und das ganze sinnlose Wettrüsten mit Anlagen und Kunstschnee bei einer Dienstgipfelhöhe von weniger als 1.900 Meter hat man sich gespart.
Wie ist das nochmal gerade am Sudelfeld ... ? - Manche können es eben nicht lassen, tote Gäule zu reiten. Auf daß noch 5 solche Winter kommen ... ;-)

Man muß sicher nicht immer mit der Zeit gehen, aber die Zeichen der Zeit sollte man zumindest erkennen.

Apropos Zeit: Täglich bin ich zur Zeit immer einige Minuten unterwegs. Natürlich stark im Zeitraffer verkürzt oder auch geographisch gesehen.
Auf Grund des bisherigen Feedbacks möchte ich mir an dieser Stelle auch mal die Zeit nehmen, all jene buckligen Leser im speziellen zu grüßen, die sich ganz viele Minuten (um nicht gar in Grad zu denken) nördlich bzw. Westlich von mir und Mitteleuropa befinden :-)

So, höchste Zeit, endlich via Maria Schnee (andere Kirche, gleicher Name) ins Tal nach Mauthen zu kommen, das Gailtal zu durchqueren und zum Tagesziel wieder aufzusteigen, so daß ein Blick zurück offenbart:


Völlig aus der Zeit gefallen, erscheint mir noch die Jägerstube hier auf der Gailberghöhe, wo noch dazu gleich Fußball-WM-Public-Viewing startet:


Das nenne ich mal Kontrastprogramm ...

1 Kommentar:

  1. Nach einem Hinweis bei facebook von Jobsti alles gelesen - einfach nur toll, toll, toll! Weiterhin viel Freude und einen sicheren Weg!

    Jutta - moony42 - Schnuppschnüss :-)

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