Von derart komplexen technischen oder gar philosophischen Fragestellungen ist die Realität aber manchmal ganz banal einfach entfernt: Kurz nach dem Ortskern von Schlanders spricht mich gegenüber des Friedhofs eine Frau mittleren Alters unverhofft an. Die Situation entbehre nicht einer gewissen Komik, wenn man wüßte, daß der Titel für den heutigen Blogeintrag schon gestern feststand. Jedenfalls entspann sich ein Dialog, der grob skizziert, wie folgt ablief:
F: Wohin mit dem Rucksack ?
K: Stilfs.
F: Zu Fuß ?
K: Klar.
F: Da fährt doch aber ein Bus.
K: Mag sein.
*Kopfschütteln*
F: Und gestartet bist Du wo ?
K: Graz.
F: Graz ? Dort studiert einer meiner Söhne.
Da fährt man doch 6-7 Stunden ...
K: Nun ja, zu Fuß braucht man etwas länger.
F: Wieviele Tage ?
K: 42.
15 Kilometer folge ich nach Schlanders dann erst mal dem Etschradweg gen Westen, in Richtung Reschenpaß und Stilfser Joch, bis ich mich in Prad aus dem Haupttal verabschiede und nach Südwesten und steil bergauf abbiege. Bald geht es auf tollem Fußweg am Steilhang hinauf oder entlang und letztlich lande ich im alten, verwinkelten und fast nur aus ganz schmalen Gassen bestehenden Ort Stilfs auf gut 1300 Metern, der übrigens völlig fernab der vielbefahrenen, heutigen Bundesstraße zum Paß am Hang klebt.
Der Radweg hat heute viele Biegungen und Gefälle bzw. Steigungen ziehen die kleinen (ab zwei Personen) und großen (bis ca. 20) Gruppen oft etwas auseinander. Im Sinne einer teilnehmenden Beobachtungsstudie mache ich mir nebenbei - so steil geht es ja nicht bergauf und auf Asphalt/Schotter muß man auch nicht so auf die Füße achten - einen Spaß daraus, das Grußverhalten empirisch in Korrelation zur Gruppenzugehörigkeit zu setzen.
Die Ergebnisse sind frappierend: Gleich und gleich gesellt sich gern und Stoffel treten herdenrein - völlig unabhängig von der Herdengröße auf.
Die einen grüßen freundlich, mit einem Lächeln, einer Handbewegung, einem Kopfnicken, einem kurzen Gruß. Auch wenn die folgenden Teile der Gruppe das Verhalten der ersten überhaupt nicht wahrnehmen konnten, verhalten sich alle so.
Und umgekehrt: Da begegnet dir einer mürrisch, arrogant, teilnahmslos oder ignorant, dann kannst du darauf wetten, daß die nachkommende Ehefrau, der Trainingskumpel oder die Freizeitradlergruppe genauso tickt.
Wirklich bemerkenswert !
Am Tagesziel im Hotel Stilfserhof wäre dann auch eigentlich mal wieder eine Reinigung der Außenhaut und nicht nur des Kerls im Dreckmantel fällig gewesen.
Die Senior-Chefin war zwar erst nicht so überzeugt ("Hotel-Wäsche bereits gewaschen", "Industriemaschinen zu groß"), aber irgendwie änderte sie dann doch umgehend Ihre Meinung und murmelte etwas von "müssen wir die Wäsche halt schnell zur (Schwieger-)Tochter rüber fahren ...".
Was soll ich sagen - außer meinen üblichen Rand-Bemerkungen "kein Weichspüler", "kein Trockner", "bis 07:00 Uhr" ? ;-)
Vielen Dank für die pünktliche Lieferung und das sorgfältige Falten !
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