Montag, 21. Juli 2014
Tag 052: Weg des geringsten Widerstandes
Am Morgen trennen sich die Wege der Schweizer und mir. Sie sammeln sich gerade rechts rum und ich mache mich links, gen Westen auf meinen Weg.
In der Nacht hat es wohl einiges geregnet, die Wolken hängen weiterhin im Tal, aber momentan ist es trocken.
Am Ortsende geht die geteerte Straße in eine schmalere, nicht so gut ausgebaute und in unzähligen Serpentinen sich den Berg hinauf windende, ehemalige Militärstraße über. Sogar den Schweizern haben die Italiener also mißtraut.
Jenseits von 2100 Metern wird aus dem Militärsträßchen gen Nordwesten, dem Talschluß bzw. dem Passo del Muretto als Übergang in die Schweiz entgegen, ein Saumpfad.
Rückblickend haben tiefer hängende und weiter von italienischer Seite hereindrückende Wolken Chiareggio, Umgebung und den Großteil meines bisherigen Aufstiegsweges bereits verschluckt.
Über mir, unter mir und hinter mir Wolken - da läßt der Regen nicht lange auf sich warten und das erste Mal seit Ganz Kalt an Tag 029 wird auch wieder der Reißverschluß wegen des stellenweise kalten Windes geschlossen.
Ca. 100 Hm unterhalb der Scharte kommen die ersten Schneefelder. Nicht steil und somit relativ harmlos, aber die Härte und die nicht mehr vorhandenen Spuren der 9 Schweizer von gestern bzw. von Annemarie und Peter von vorgestern geben mir noch mehr zu Grübeln, da mich alle vor schwierigen Verhältnissen gerade im Abstieg dann auf der Schweizer Seite über sehr steiles Schneefeld und Blockwerk gewarnt haben.
Am Grenzpaß angekommen, geht es erstmal über flaches Schneefeld und ich will die Grödeln erst dann auspacken, wenn die eigentliche Steilwand beginnt - ich hatte sie am Morgen schon extra obenauf gepackt.
Danach geht ein Weg gen Süden ums Eck. Er sieht völlig Schnee-frei aus und führt augenscheinlich in einem Bogen hinunter auf den Grund des oberen Talabschnitts.
Er ist ob des brösligen Gesteins und der schlammigen Erde wegen der Rutschgefahr auch nicht ganz einfach abwärts zu gehen, aber wie sich herausstellt, läßt sich über diesen nicht markierten und weder in GPS noch in meiner Karte verzeichneten Weg die von unten wirklich höllisch wirkende Steilrinne mit dem Schnee komplett umgehen, durch die sich gerade zwei Jungs sichtlich mit Mühe und letztlich durch die Felsen kletternd hochkämpfen.
Manchmal kann man mit dem Kopf (und seinen Augen) also Mängel des Herzens (in die Hose gerutscht) sehr effektiv ausgleichen :-)
Im Abstieg kommt mir dann noch eine größere Gruppe entgegen und dann wird mir auch das mit dem Wetter klar: Isländer ;-)
Sie sind schon bei dem kleinen Schneefeld, wo wir uns begegnen, augenscheinlich verunsichert, so daß ich ihnen meinen Abstiegsweg für den Aufstieg nahe lege.
An der Brücke zum 1,5 stündigen Hauptweg nach Majola blockiert dann noch eine Kuhherde mit Jungtieren den Zugang, aber mit Vorsicht, persönlicher Ansprache und beherztem vorbei mogeln kann auch diese Herausforderung gemeistert werden.
Da hoff ich doch sehr, dass im Sommer 2017 die Schneelage etwas besser ist. Aber ich bin ja doch ca. eine Woche später unterwegs, da kann sich auch viel tun.
AntwortenLöschenLg