Mittwoch, 30. Juli 2014

Tag 060: Wasser von allen Seiten

Nachdem es gestern bei meiner Ankunft mit dem Schiff in Stresa schon geregnet hatte und in der Nacht sich wahre Sturzbäche ergossen, war am Morgen erstmal Waffenruhe.

Aber die Aussicht war alles andere als rosig:


Das Frühstücksbuffet im Schloß-ähnlichen Parkhotel (hätte mit dem Inventar auch als Museum durchgehen können) war für italienische Verhältnisse ungewohnt bombastisch und schon am Vorabend hatte es die Dame am Empfang gut mit mir gemeint: Statt im Nebengebäude im Park, wurde ich per kostenlosem Upgrade in einem Zimmer im Haupthaus untergebracht. Ob ursächlich sie sich die Wegerklärung (sie sprach aber prima Englisch und Deutsch), sie sich die Begleitung durch den Regen sparen wollte oder ob sie es einfach gut mit einem Fernwanderer mit großem Rucksack meinte, mußte ich gar nicht genauer ergründen ;-)

Und auch aus der fränkischen Heimat meinte man es gut mit mir: So bekam ich Angebot, im Ferienhaus von Olivers Familie in Luino zu übernachten - aber da war ich ja nur mit dem Schiff auf der Durchreise. Trotzdem vielen Dank für das super nette Angebot und auch oder gerade weil wir uns seit ihrem Wegzug von Nürnberg nur noch so selten auf irgendwelchen Events mal gesehen haben, sollte ich nach meiner Rückkehr da bei Gelegenheit mal wieder was in die Wege leiten.


Heute geht es vom Ufer des Lago Maggiore 1200 Höhenmeter hoch auf den Mottarone und dann fast wieder genauso viel auf der anderen Seite nach Omegna am Ortasee hinab.

Der Regen kommt heute nach einer guten Stunde. Und wie. Immer wenn er mal nachläßt, setzt er etwas später umso dauerhafter wieder ein. Wenigstens sind die dazu kommenden Gewitter nicht in unmittelbarer Nähe und mit etwas Galgenhumor, kann man sich immerhin noch daran erfreuen, nicht mit der reichlich altersschwach erscheinenden und typisch italienisch gepflegten (also laut der italienischen Schweizer vermutlich seit dem Bau vor Jahrzehnten gar nicht mehr) Seilbahn fahren zu müssen. Außerdem ist auf knapp 1500 Metern Ende Juli in diesen Breiten auch nicht mehr mit Schneefeldern zu rechnen.

Soweit zu den positiven Punkten. Nun, die wirklich gut ausgeschilderten und im Abstieg auch sehr deutlich markierten Wege sollte ich nicht vergessen. Auf dem L1 ging es hoch und auf dem P1 bergab.

Weniger prickelnd war allerdings, daß mich richtig heftiges Gewitter  etwas nach der letzten Einkehrmöglichkeit am Gipfelgrad erwischte.  Die Blitze schlugen unweit von mir ein und an den Fingern konnte man richtig die aufgeladene Atmosphäre der Luft spüren. Leicht geduckt und so schnell, wie es das bei Feuchtigkeit nicht ganz einfache Gelände zuließ, versuche ich von der freien Bergschulter weg zu kommen. Der Weg P2 verspricht zwar 10 min weniger Wegzeit und ein zentraleres Ende in Omegna, aber bei den Verhältnissen ist mir "nur für erfahrene Exkursionisten" bzw. Klettersteig in einer meiner Karten denn doch etwas arg heikel.

Ich schreibe noch, also hat mich kein Blitz erwischt.
Da heißt es erstmal: X X X

Der P1-Weg ist spannend genug: Die Weg-Rinne windet sich in Serpentinen durch bizarre Felsformationen, lockeren Baumbestand und später durch denn Wald den Steilhang hinab. Das Gras steht dadurch hüfthoch und man sieht nicht so recht, wo man hintritt, durch die Weg-Rinne ist das aber trotzdem ganz gut handzuhaben.


Nur an einer Stelle bin ich im 2 m hohen Farnurwald mal kurz verloren - da waren meine Vorgänger - deren Spuren ich immer wieder als Orientierungshilfe nutze - aber auch erst falsch.

Irgendwann hört der Regen auf, dafür schießt im unteren Bereich teilweise knöcheltief das Wasser, den Weg als Bachbett nutzend, hinab.


Völlig durchweicht (das zweite Mal auf der Tour seit Graz) komme ich letztlich heil in Omegna an.
Eigentlich sogar heiler als beim Start: Der Starkregen hat wohl Dreck aus meinem GPS-Schnappkarabiner gespült, so daß dieser jetzt wieder schnappt, nachdem er die letzten Tage den selbstständigen Dienst verweigert hatte - es hat eben alles auch seine guten Seiten, und das sagt DER Pessimist vor dem Herrn :-)


Apropos gute Seiten: Zwischendurch (zwischen den Gewittern und den beängstigenden Sturmböen) waren für einen Augenblick mal alle Wolken weg, blauer Himmel über dem Tal und in einem Wolkenfenster in der westlichen Ferne die weißen Spitzen der Monte-Rosa-Gruppe zu sehen. Beeindruckend und ein gutes Ziel, sich in den nächsten Tagen damit mal "näher" zu beschäftigen.




Montag, 28. Juli 2014

Tag 059: Fahren statt Schwimmen

Vor dem Frühstück war heute der Rucksack schon fertig gepackt, denn heute galt es nicht all zu viel Zeit auf dem Weg zur Anlegestelle Magadino am Nordostufer des Lago Maggiore zu verlieren.
Nach knapp 15 Minuten war ich zurück am Ticino-Deich, wo ich gestern abgezweigt war. Bis Magadino waren 3:20 h Gehzeit angeschrieben - das war zu viel, was den von Erlangen vorgegebenen Zeitplan anging. Also hieß es etwas Tempo machen und ich wechselte dazu vom Fuß- auf den Rad-/Skateweg, der hinter dem Deich statt auf dem Deich entlang gen Westen führt.


Sumpf- und Auenlandschaften säumen vermehrt den Weg und deren gehäuft auftretenden, weiblichen, Blut-saugenden Bewohner fallen sofort in Horden über einen her, sobald man stehen bleibt. Also nicht stehen bleiben. So bin ich bereits nach 2:30 h am ersten Zwischenziel und habe sogar noch Puffer, bis das Schiff nach Locarno vorbei kommt.


Von dort soll es dann am späten Nachmittag mit dem Schiff längs über den See nach Stresa im Piemont gehen. Bis dahin verbummele ich die Zeit nach einem kleinen Spaziergang über die Piazza (die Open-Air-Leinwand für die Festspiele und der Projektor steht schon, die Bestuhlung wird gerade aufgebaut) relaxe ich unter Palmen in einer Grünanlage.


Da ich kein guter Schwimmer bin, war diese Passage von vorne herein per Schiff geplant - auch wenn es ob undurchsichtiger Fahrpläne im Netz und ungewöhnlich konfusem Personal vor Ort bis kurz vor Abfahrt des Schiffs ab Locarno unklar war, wann genau und zu welchem Preis ich die Passage antreten kann. Nun ja, Hauptsache heute noch fahren und nicht schwimmen ;-)


Letztlich durfte ich aber pünktlich mit dem einsetzenden Regen an Bord gehen und mich einerseits an die Schiffspassage mit Tine am letzten Tag der München-Venedig-Wanderung (auch wenn sie heute nicht den Abschluß, sondern quasi die Halbzeit der Reise markiert) und andererseits an einen Urlaub mit Orkanica und Damiel am Lago Maggiore (auch wenn die Filmfestspiele in Locarno gerade erst vorbereitet werden und ich Luino nur am Hafen passiere) erinnert fühlen.

Nach Südtirol (Phase 1) habe ich nun also den Lago Maggiore von Graz aus nach knapp 60 Tagen unterwegs zu Fuß erreicht und somit Phase 2 meines Sommerspaziergangs 2014 abgeschlossen.

Als nächstes sollen mich wiederum drei Überführungstage in die einsamen Berge des Piemonts führen, wo ein Quereinstieg meine Phase 3 (GTA - Grande Traversata delle Alpi) beginnen läßt.

Ich bin gespannt ... :-)


Tag 058: Zwischenstopp im Tessin

Nachdem ich schon auf der Etappe von Isola zurück in die Schweiz fälschlicherweise meinte, ins Tessin zu kommen, aber doch nur für zwei weitere Tage in einem der vier italienisch-sprachigen Täler Graubündens landete, ist es heute denn doch auch real soweit: Ich komme ins Tessin, dem einzigen komplett italienisch sprachigen Kanton der Schweiz (Napoleon forcierte Entscheidung der Zugehörigkeit zu Italien oder Schweiz) und zu Beginn des 2. Weltkriegs von sehr konkreten Eroberungsplänen Mussolinis bedroht, bevor die Generalität doch Angriff auf Griechenland durchsetzte.


Auf Deichen geht es an der Kantonshauptstadt Bellinzona vorbei. Es ist Sonntag und die Grünanlagen am Fluß laden bei dem schönen Wetter zum Grillen und Picknicken ein, was die Einheimischen auch ausgiebig nutzen.


Mit knapp 20 km ist die heutige Etappe recht kurz und mittlerweile merkt man kurz vor dem tiefsten Punkt der Schweiz (Lago Maggiore < 200 m über dem Meer) auch schon das mediterrane Klima.

Sonntag, 27. Juli 2014

Tag 057: Tunnelblick

Es ist ist grau.
Es ist Wolken-verhangen.
Es regnet.

Spätestens jetzt wäre klar, daß eine Etappe mit bis zu 12 h, jede Menge Auf- und Abstieg keine gute Idee wäre (ok, eine gute Stunde davon von Pian San Giacomo bis Mesocco hatte ich ja schon unfreiwillig am Vorabend absolviert).

Aber die Etappe der Via Alpina nach Selma stand ja sowieso längst nicht mehr zur Diskussion und so geht es stattdessen auf einem breiten Weg mit gleichmäßigem Gefälle gen Süden. Es handelt sich um eine alte Eisenbahntrasse mit Brücken, ein paar kleinen Tunnels und sogar dem einen oder anderen Viadukt.
Fernab der Autobahn und der Bundesstraße kann man hier das Tal entlang gehen, bei schönem Wetter wahrscheinlich sogar noch mit tollen Ausblicken.


Später geht es mal auf Pfaden durch den Wald oder auf Deichen am Fluß entlang, dessen Rauschen die Geräusche der Autobahn komplett schluckt.

Mittags hört es mal das Regnen auf und man könnte meinen, die Sonne setzt sich noch durch. Ich mache in einer Bushaltestelle Pause, ziehe trockenes Hemd an und packe Regensachen weg. 50 Meter nach dem wieder Loslaufen setzt der Regen wieder ein ... :-(


Das gebuchte Bed&Breakfast in Grono ist gar nicht (so leicht) zu finden und den eigentlichen Check-in ab 18:00 Uhr habe ich auch überlesen, umso froher bin ich, daß die Inhaberin mir um 14:30 telefonisch den Weg (noch dazu auf Deutsch !) beschreibt und extra von ein paar Orten weiter angefahren kommt, mir Haus öffnet und gleich schwarzen Tee mit Milch macht. SEHR sympathisch !

Das Haus war vor Generationen ein Pferdestall und hat wahnsinnig Charme und Charakter. Die Schwiegermutter der Wirtin hat bis vor 3 Jahren hier gelebt und alte Möbel gesammelt. Vor 1,5 Jahren hat die gelernte Kunsthistorikerin das Haus zum B&B da Cäthy umgemodelt. Die Handschrift und die Liebe zum Detail ist nicht zu übersehen. Echt klasse und urgemütlich !


Manch einer hätte sich dann vielleicht gleich noch der Verkostung der hochprozentigen Spezialitäten gewidmet, ich bevorzuge aber später lieber noch eine Kanne English Breakfast mit Milch.


Schade, daß die 4 Holländer und 2 Schweizer gleich auf ihre Zimmer verschwinden, aber zumindest beim Frühstück wird man sich nochmal ausgiebiger sehen.

Tag 056: Das einzige Bett im Umkreis von 10 Kilometern ?


Am Morgen kneife ich mich zwei Mal und dann beginnt das große Suchen: Wo ist die Sonnencreme - mir dünkt, ich hätte etwas derartiges in der Steiermark noch besessen ... Ok, ok, kleiner Scherz:  Ein Griff und der Sonnenschutz ist parat, auch wenn ich ihn schon länger nicht mehr für nötig gehalten hatte.

Der Tag startet super sonnig und so geht es beschwingt mit sonniger Laune gen Westen ins Valle Febbraro. Kurz nach Ende des Fahrwegs, im Aufstiegspfad zur Borghetto-Alm die nächste positive Überraschung: Zwei Arbeiter bei Mähen und Weg frei sägen. Bravo !  - Das geht also nicht nur in Südtirol, sondern zumindest auch in dieser Region der Lombardei. Auch die andere Art und das gehäufte Auftreten von Wegweisern und die möglicherweise extra über die Grenze geschmuggelte rote und weiße Farbe war mir bereits gestern positiv aufgefallen.


Das Wetter lädt zum Verweilen, Umschauen und Fotografieren ein, aber doch bin ich etwas überrascht, daß ich am ersten Paß und höchsten Punkt für heute (Passo del Baldiscio) bereits eine Stunde Verzug im Vergleich zur Via-Alpina-Beschreibung habe, wo ich in den letzten 10 Tagen doch immer mit Pausen sogar etwas flotter als angegeben unterwegs war.

Bis zum Paß bin ich voll des Lobes für die Wegwarte, doch dann muß ich mich doch noch etwas relativieren: Dummerweise läuft hier die Grenze nicht über den Paß, sondern über einen niedrigeren Übergang viel weiter im Westen und bis dorthin gibt es Felsen, Sumpf, Murmeltiere und einen einsamen Ziegenbock, aber KEINE EINZIGE Markierung :-(


Bereits 3 m vor der Grenze waren dafür die Schweizer aktiv: Jede Menge Markierungen führen in eine technisch etwas anspruchsvollere Passage über Felsen eine Steilstufe hinunter ubd dann ist der reißende Gebirgsbach irgendwie zu queren. Ob die beiden Damen der mir entgegen kommenden Dreiergruppe deshalb obenrum schon im Bikini unterwegs waren, obwohl es mittlerweile eigentlich schon wieder recht stark und dunkel bewölkt ist ?

Dann beginnt der sehr steile Weg hinab ins Tal. Zuerst nur unangenehm zu gehen, dann aber eigentlich unbegehbar: Die Markierungen sind sehr neu und häufig, wegen umgestürzter Bäume, Felsstürzen und Überwucherung durch Sumpfpflanzen steigt das Risiko im Steilhang ins leere zu treten, zwischen nachrutschenden Koffer-großen Felsplatten eingeklemmt zu werden oder beim Durchbruch von Ästen sich einen abstehenden Aststumpf ins Bein oder den Bauch zu rammen extrem an.
Eine Alternative ist zu mittlerweile stark fortgeschrittener Stunde aber nicht in Sicht. Solche Verhältnisse habe ich in der Schweiz noch nicht erlebt :-(

Mit einer weiteren Stunde Verspätung komme ich in Pian San Giacomo an - aber wie ich an Hand der widersprüchlichen Beschreibung im Via-Alpina-Führer, der fehlenden Angabe von Unterkunftsmöglichkeiten und der fehlgeschlagenen Internetrecherche bereits vermutet hatte: Hier gab es vielleicht vor 20 Jahren mal Albergo Posta an der Straße zum St. Bernadino Paß, aber sonst gibt es hier wohl nur Wochenendhäuschen.

17:00 Uhr. Die Wolken werden immer dunkler. Keine Zeit, lange darüber nachzudenken, daß auch die Recherche für Mesocco, dem nächsten Ort gen Süden (1:15 h entfernt) kein Ergebnis gebracht hatte, sondern lieber schnell weiter. Unterwegs mustere ich schon Heuschober und markiere mir Wegpunkt von überdachtem Gang am Sportplatz, bevor die bzgl. IRGENDEINER Übernachtungsmöglichkeit ziemlich ratlosen Damen in der ersten Bar doch noch einen vagen Tipp für mich haben. Und wirklich: In der zweiten Bar führt man mich, nach Sicherstellung, daß ich alleine bin und nur eine Nacht bleibe, ins Souterrain in einen großen Raum mit einem Billardtisch, einer Couch, zwei Holzstühlen, einem Lehnstuhl, Neonröhrenbeleuchtung, einer alten Pfaff-Nähmaschine ... und einem einsamen alten Bett.


Gleich daneben ist ein modernes Bad. Für was/wen auch immer dieser Raum eigentlich genutzt wird, es ist vermutlich das einzige Bett im Umkreis von 10 Kilometern, welches man überhaupt, manchmal, wenn die Sterne günstig stehen, auf gut begründete Nachfrage zu 60 CHF für Ü/F mieten kann.

Quo vadis Via Alpina ?
Auf Wiedersehen ?

Ich hatte bereits am Tag zuvor beschlossen, bereits hier gen Bellinzona durchs Tal abzubiegen, statt eine Etappe später in Selma (endlich mal wieder eine Herausforderung für die Bodenkontrolle ;-). Eine gute Entscheidung, insbesondere auch wenn man das Wetter am Folgetag berücksichtigt ...

Beim Abendessen, ca. 30 min nach meiner Ankunft, geht draußen die Welt unter: Sommergewitter.

Tag 055: Sag zum Abschied leise Servus

Pepi muß am Vortag blaue Himmelsfetzen und Sonne wieder fein säuberlich in seinen flotten 1er gepackt haben, denn kaum ist er weg und ich sitze mit einem Paar Pauschal-Walser-Weg-mit-Gepäcktransport-Wanderern beim genialen Abendessen bricht vor der Tür ein heftiges Gewitter los.

Nach dem wahrhaft bombastischen und mit ausgefallenen Ingredienzien angereicherten Frühstück, bin ich nicht nur ordentlich für die heutige Etappe gestärkt, sondern habe von den netten Walser-Wanderern aus deren Lunchpaketen auch noch etwas überzähligen Proviant geschenkt bekommen. Das war nett und wird mich bis kurz vor den Lago Maggiore zwischendurch verpflegen (gute Alternative zu den Riegeln, Peter ! ;-).

Der Himmel verheißt schon beim Loslaufen nichts Gutes, aber ein wenig paßt das trübe Bild ja zur heutigen Stimmung: Ich muß mich erst wieder daran gewöhnen, alleine und ohne Unterhaltung zu gehen, kaum Leute unterwegs zu treffen und letztlich ist jetzt auch endgültig Schluß mit Deutsch: Heute geht es wieder für einen letzten Tag in die Lombardei, danach für zwei Tage in ein italienisch-sprachiges Tal Graubündens und über eine Tessin-Passage ins Piemont und damit auf längere Zeit nach Bella Italia.

Der Aufstieg ins Val Niemet ist erst unangenehm steil (vielleicht bin ich bergauf gehen nur auch nicht mehr gewöhnt ... :-), dann geht es mit angenehmer Steigung an lustig gescheckten Ziegen und ein paar faulen Pferden vorbei und über die Alp Niemet auf den Walser Pfad zum Pass da Niemet, wo auf knapp 2300 m die Grenze zu Italien liegt.

Drei Stunden nach dem Start - immerhin bin ich da schon im Abstieg gen Rif. Bertacchi - beginnt der Regen.

Der Lago di Monte Spluga und seine Staumauern tauchen deshalb immer nur stückweise und für Augenblicke aus dem Nebel auf.


Unterhalb der Staumauer führt ein unscheinbarer Pfad in einen historisch bedeutsamen Weg durch die Cardinello-Schlucht. Bereits die Römer hatten hier einen beeindruckenden Saumpfad in den Fels der östlichen Schluchtwand getrieben. Im Winter 1800 hatte ein General Napoleons schließlich große Verluste an Soldaten und Tragetieren zu beklagen, die von Lawinen in die Tiefe gerissen wurden.

Als die Schlucht sich weitet und ein erster Weiler kurz vor dem Tagesziel Isola erreicht ist, hört der Regen endlich auf. Weg mit den Regenklamotten und Endspurt, wobei bedingt durch meine Pause nun die beiden französischen Schweizer vor mir einchecken - da wir die drei einzigen Gäste sind aber kein Problem :-)



Donnerstag, 24. Juli 2014

Tag 054: Gipfeltreffen: Vom Opfer zum Täter

Heute ist ein ganz besonderer Tag: Neben dem Schlumpf wird mich heute nämlich noch ein Gast für einen Tag begleiten.


Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen ? - Aus dem Stein-igen Südtirol hatte ich ein paar Postkarten verschickt bzw. verschicken lassen und selbst meine geänderte Handynummer konnte eines meiner früheren München-Venedig-"Opfer" (nennen wir es mal Pepi K. aus V. in L.) nicht dauerhaft davon abhalten, mich zu kontaktieren und mich sowie die Erlangste Auskunft nach Details meiner geplanten Reiseroute auszuquetschen. Tja, und dann kam die Ansage, daß ich mich in gut 1,5 Wochen auf Besuch einstellen möge. Nun lag es an mir, den Etappenplan bis dahin durch zu ziehen, an der Schweizer Post, Pepi pünktlich zu zustellen, und an Pepi Urlaub zu bekommen.
Am Vorabend hatte ich ihm zwecks miesem Wetter noch abgeraten, aber er ließ sich nicht beirren und prophezeite einen trockenen Tag. Sieben Minuten bevor das Postauto in Juf ankommen sollte, klopfte es dann schon an meinem Pensionszimmer: Pepi, wie er leibt und lebt. Welch eine Freude, nachdem ich ihn schon über ein Jahr nicht mehr gesehen hatte.


Die heutige Etappe ist nicht sehr lang, verläuft durch das Tal gen Nordwesten und besteht überwiegend aus Abstieg, dafür ist sie anderweitig spektakulär: Neben der alten Averser Straße, welche von einem Verein restauriert und wieder begehbar gemacht wurde, mit ihren Schleifen, Bogenbrücken und Kehren, haben wir insbesondere jede Menge tierische Beobachtungen zu vermelden: Alpensalamander, als es morgens noch feucht ist, Gämsen, ein beeindruckendes Steinadler- oder Bartgeierpaar und insbesondere unzählige, teils unerschrockene Murmeltiere.
Laut dem Postautofahrer sind die Murmeltiere hier nicht nur häufig, sondern auch speziell, wie Pepi mir erzählt: Als der Fahrer erstmals die Strecke an einem sonnigen Frühjahrstag gefahren ist, als die Wiesen noch großteils verschneit, die Straße aber schon völlig frei und trocken war, dachte er erst, da wären jede Menge Murmeltiere überfahren worden. In Wirklichkeit lagen einfach unzählige Murmel faul auf der Straße rum und ließen sich die Sonne auf den Pelz braten. - So ein Leben (vor allen Dingen die Sonne ! ;-) möchte man haben ...


Nach einer höchst kurzweiligen und sehr unterhaltsamen Wanderung erreichen wir völlig ohne Regen das Etappenziel in Innerferrera.


Nachdem der große Rucksack im Zimmer verstaut ist und wir uns etwas gestärkt haben, brechen wir schließlich noch zu einem Nachmittagsausflug zum Lago di Lei auf. Schräge Konstruktion: Die Schweiz und Italien haben bei der Fertigstellung des Staudamms extra Land getauscht und Grenzen neu gezogen, damit die Staumauer komplett in der Schweiz liegt (wie auch die ganze Generatorentechnik usw.) wobei die gesamte Staufläche in Italien liegt. Dafür haben die Italiener eine Beteiligung von 20%.


Gut, daß Pepi den Sportmodus erst jetzt auspackt, als ich bequem auf dem Beifahrersitz mitgenommen werde, - während unseres Spaziergangs hätte ich sonst Probleme bekommen :-)

Der spontane Besuch aus Vaduz war heute eine ganz tolle Sache !


Dienstag, 22. Juli 2014

Tag 053: Bis daß der Berg uns Tropfen scheidet

Beim Frühstück in Maloja regnet es, so daß ich mir viel Zeit lasse und fast eine Stunde später als sonst starte.

Zuerst geht es gen Norden auf einem netten Pfad aus dem Ort und in die Höhe, im weiteren Verlauf dreht der Weg nach Westen.
Während der zwei Stunden bis zum See (Lägh da Lunghin) auf knapp 2500 Metern kann ich die zeitweiligen Nieselschauer noch ignorieren, aber dann ist Anorak nötig: Der Regen wird stärker und vor allen Dingen auch stürmisch. Am heftigsten tobt das Wetter natürlich am Übergang Pass Lunghin auf über 2600 Metern.
Der Pass ist die einzige Wasserscheide Europas, die in DREI Meere entwässert: Nordsee, Schwarzes Meer und Mittelmeer.


Trotz des schlechten Wetters sind heute einige Leute unterwegs, die mich mit ihren Tagesrucksäcken natürlich spielend abhängen - nur an dem Pärchen vom Lunghin-Paß bleibe ich ob der peitschenden Regenschauer bis hinab zum Septimerpaß dran.

Den Paß quere ich und folge nun einem alten Walserweg und ehemals wichtiger Handelsroute über die Forcellina (mit 2672 m höchster Übergang der Etappe) und dann gen Norden.


Letztlich wird ins Tal mit der angeblich höchsten Murmeltierdichte (und einige Besucher sind hier selbst bei diesem Wetter mit dem Foto auf der Jagd) der Alpen abgestiegen und der am höchsten gelegene und dauerhaft bewohnte Ort Europas erreicht: Juf, 2117 Meter hoch gelegen und natürlich auch vom Schweizer "Postauto" (Bus) acht Mal täglich bedient - das soll noch eine Rolle spielen ...


Montag, 21. Juli 2014

Tag 052: Weg des geringsten Widerstandes


Am Morgen trennen sich die Wege der Schweizer und mir. Sie sammeln sich gerade rechts rum und ich mache mich links, gen Westen auf meinen Weg.

In der Nacht hat es wohl einiges geregnet, die Wolken hängen weiterhin im Tal, aber momentan ist es trocken.

Am Ortsende geht die geteerte Straße in eine schmalere, nicht so gut ausgebaute und in unzähligen Serpentinen sich den Berg hinauf windende, ehemalige Militärstraße über. Sogar den Schweizern haben die Italiener also mißtraut.

Jenseits von 2100 Metern wird aus dem Militärsträßchen gen Nordwesten, dem Talschluß bzw. dem Passo del Muretto als Übergang in die Schweiz entgegen, ein Saumpfad.


Rückblickend haben tiefer hängende und weiter von italienischer Seite hereindrückende Wolken Chiareggio, Umgebung und den Großteil meines bisherigen Aufstiegsweges bereits verschluckt.

Über mir, unter mir und hinter mir Wolken - da läßt der Regen nicht lange auf sich warten und das erste Mal seit Ganz Kalt an Tag 029 wird auch wieder der Reißverschluß wegen des stellenweise kalten Windes geschlossen.

Ca. 100 Hm unterhalb der Scharte kommen die ersten Schneefelder. Nicht steil und somit relativ harmlos, aber die Härte und die nicht mehr vorhandenen Spuren der 9 Schweizer von gestern bzw. von Annemarie und Peter von vorgestern geben mir noch mehr zu Grübeln, da mich alle vor schwierigen Verhältnissen gerade im Abstieg dann auf der Schweizer Seite über sehr steiles Schneefeld und Blockwerk gewarnt haben.

Am Grenzpaß angekommen, geht es erstmal über flaches Schneefeld und ich will die Grödeln erst dann auspacken, wenn die eigentliche Steilwand beginnt - ich hatte sie am Morgen schon extra obenauf gepackt.

Danach geht ein Weg gen Süden ums Eck. Er sieht völlig Schnee-frei aus und führt augenscheinlich in einem Bogen hinunter auf den Grund des oberen Talabschnitts.

Er ist ob des brösligen Gesteins und der schlammigen Erde wegen der Rutschgefahr auch nicht ganz einfach abwärts zu gehen, aber wie sich herausstellt, läßt sich über diesen nicht markierten und weder in GPS noch in meiner Karte verzeichneten Weg die von unten wirklich höllisch wirkende Steilrinne mit dem Schnee komplett umgehen, durch die sich gerade zwei Jungs sichtlich mit Mühe und letztlich durch die Felsen kletternd hochkämpfen.

Manchmal kann man mit dem Kopf (und seinen Augen) also Mängel des Herzens (in die Hose gerutscht) sehr effektiv ausgleichen :-)




Im Abstieg kommt mir dann noch eine größere Gruppe entgegen und dann wird mir auch das mit dem Wetter klar: Isländer ;-)
Sie sind schon bei dem kleinen Schneefeld, wo wir uns begegnen, augenscheinlich verunsichert, so daß ich ihnen meinen Abstiegsweg für den Aufstieg nahe lege.


An der Brücke zum 1,5 stündigen Hauptweg nach Majola blockiert dann noch eine Kuhherde mit Jungtieren den Zugang, aber mit Vorsicht, persönlicher Ansprache und beherztem vorbei mogeln kann auch diese Herausforderung gemeistert werden.





Sonntag, 20. Juli 2014

Tag 051: Grenzschlängeln im Sinne der Alpen-Initiative

Wie mir Erlangen zwischenzeitlich meldet, bin ich augenscheinlich schon ganz gut, um nicht zu sagen Wand-füllend, unterwegs: 


50 Wandertage, deutlich mehr als 1.000 Kilometer, fast 50.000 Aufstiegsmeter. 

Klaus aus Nürnberg hat auf einer dieser Plattformen, wo man schreibt, was man im Leben mal gemacht haben sollte, zu Fuß von München nach Venedig über die Alpen gehen, gepostet. Nun, er hat es getan und man munkelt, daß ich am einen und somit anderen auch nicht ganz unschuldig bin, aber vielleicht sollte man jedem, der gerne in den Bergen wandert, auch mal eine Auszeit von 50 Tagen und/oder 1.000 Kilometern empfehlen - man muß ja nicht gleich übertreiben ... 
Aber Nette hat für mich schließlich noch ein paar Nadeln und etwas Küchenwand übrig ... ;-)


Die Wettervorhersage ist durchwachsen und so wollen Annemarie, Peter und ich früh starten, allerdings regnet es bereits beim Aufstehen richtig ordentlich.

Die beiden Grazer entscheiden sich, nicht meine gestrige Etappe in die Gegenrichtung zu gehen, sondern auf alternativem Wege zurück in die Zivilisation und per Bernina-Express via Sankt Moritz in Richtung Auto am Maloja-Paß, den ich morgen zu Fuß erreichen möchte.

Dazu heißt es heute bis Chiareggio zu kommen.
Am Ende des Frühstücks hat der Regen vorerst aufgehört. Als ich meine Sachen gegen 8:00 im Scheine der Stirnlampe packe, schläft einer der Verköstigten immer noch selig im abgedunkelten Lager (vermutlich höherer Wein- als Salami-Anteil ? ;-).


Über die Mauer des unteren Stausees geht es gen Westen und dann erstmal daran, das Tal mit Scheitelpunkt Alpe Musella auszulaufen, bevor es ins Skigebiet um den Monte Motta geht.

Unterwegs treffe ich noch vier nette junge italienische Hüttenwanderer - Ausnahmen bestätigen die Regel, ein paar Italiener wandern also doch und nicht nur 500 Meter vom Auto bis zum Picknick.


Im Abstieg auf der Westseite des Skigebiets kommt dann pünktlich zu Mittag auch das schlechte Wetter mit einem heftigen Schauer deutlich zurück.

Von da ab heißt es für den Rest des Nachmittags wieder: Anorak an, Anorak aus, Anorak an, ... :-(


Letztlich zeigt das GPS am Tagesende 700 Aufstiegsmeter, statt der völlig unglaubwürdigen Quelle von Annemarie und Peter mit 0 Aufstiegsmetern und meiner bedingt verläßlichen mit 350 - Kapverdische Verhältnisse ?

Ich kehre in den Gasthof Genziana (Enzian) in Chiareggio ein, den mir die Grazer empfohlen haben - gutes Essen, mehr Argumente waren eigentlich nicht nötig :-)


Dort treffe ich dann noch eine nette Gruppe von 9 Ostschweizern, die gerade am "Grenzschlängeln" sind. Seit mittlerweile mindestens sieben Jahren sind ein harter Kern der Gruppe und immer mal ein paar wechselnde Teilnehmer für eine gute Woche in den Bergen unterwegs.
Entstanden aus einer Idee der Alpen-Initiative, die sich für die Reduzierung und Limitierung des Güterverkehrs durch die Alpen und die Verlagerung auf die Schiene einsetzt, verselbstständigte sich  dies, da die ursprünglich geführte Wanderung damals nicht zustande kam, aber die drei gemeldeten Teilnehmer dann privat loszogen. Seither zieht es sie einerseits jedes Jahr aus den unterschiedlichen Kantonen der Schweiz zusammen auf Bergtour und andererseits auch über die Grenzen: Das Grenzschlängeln ist nämlich immer so angelegt, daß man sich um eine der Schweizer Grenzen schlängelt, was ja auch ein Blick über den eigenen Tellerrand hinaus ist.

Eine tolle Sache, finde ich !
Sie offenbart auch einmal mehr, welch unterschiedlichen Motive und Auslöser es für die Menschen gibt, sich im Kulturraum Alpen zu bewegen.


Ach, übrigens: Mehrstimmigen Kanon haben sie auch drauf, die Schweizer. Die Harmonie habe ich mit einem eigenen unmusikalischen Einsatz als vierte Stimme dann aber im Sinne des Weltfriedens und der Völkerverständigung denn doch lieber nicht gestört - die Tondokumentation fiel der GEMA zum Opfer ;-)





Tag 050: Aus Graz kommen

Aus Poschiavo, dem Hauptort des Puschlavs, geht es über Umwege und verschlungene Pfade nur langsam in den Anstieg. Nach zwei Stunden bin ich mehr Süden und kaum nach Westen (in Richtung meines Tagesziels) und noch nicht mal ganz 400 Aufstiegsmeter vorwärts gekommen.
Heute stehen allerdings mehr als 1700 Meter bergauf auf dem Programm. Das kann ja heiter werden, insbesondere da ich schwitze wie ein Tier, obwohl die Sonne heute gar nicht so vom Himmel brennt. Erst ist es mir unerklärlich, später kommt mir am ehesten das würzige Curry auf der Haweiipizza des Vorabends in den Sinne - oder eine versteckte Zutat in den Untiefen der Graubündener Gerstensuppe.

Bis zur Alpe Cancian auf gut 2100 Metern führt ein Fahrweg, ab dort geht es auf einem Pfad zum Canciano-Paß, der Grenze zu Italien.
Nachdem die Alm nicht bewirtschaftet scheint, lasse ich mich gleich an der Abzweigung für eine kurze Pause nieder.
Leider verwechselt eine immer größere Kuhherde mich und meinen Rucksack augenscheinlich mit einem mobilen Salzleckstein. Ich habe größere Mühe, mir diese vorwitzigen Rinderzungen vom Leib zu halten. Letztlich habe ich aber den größeren Ochsendickschädel - könnte ja jeder kommen ... ;-)


Nach mehr als 5 Stunden erreiche ich den ersten Paß und prompt kann ich neben dem grandiosen Ausblick auf die Gletscher an der Bernina im Norden, den kleinen am Pizzo Scalino gleich anbei im Süden und jede Menge Leute am nachgelagerten Campagneda-Paß sehen, dem mit über 2600 Metern höchsten Punkt für heute.


Der Abstieg an den verschiedenen Seen vorbei vergeht wie im Fluge und immer mehr italienische Tagesausflügler sind faul an den Seen oder auf der Wiese beim Picknick zu beobachten.


Mein Pfad führt einsam über Wiesen am Trubel vorbei, nur für 100 Meter muß ich mir Schotterweg aber dann gleich mit 50 Leuten teilen,  bevor ich in den Pfad zum tollen Rifugio Zoia abbiege. Das Tagesziel erreiche ich sogar noch erheblich vor der geplanten Zeit.

Dort treffe ich dann ein pensioniertes Pärchen aus Österreich. Annemarie und Peter kommen aus Graz - allerdings nicht zu Fuß, sondern sie leben dort und sind gerade ein Stück auf der roten Via Alpina in Gegenrichtung unterwegs. Peter ist die wanderbaren Etappen der gelben Via Alpina von Triest bis Oberstdorf über die Jahre sogar schon komplett gegangen. Echt nett, die beiden und prima, sich einerseits über die nächsten Etappen (der Muretto-Paß soll mir noch jede Menge unliebsames bereit halten) und andererseits über die Berge im allgemeinen und Konzept und Umsetzung der Via Alpina im besonderen austauschen zu können. Man könnte auch sagen, wir schimpfen mit dem gleichen Tenor und das Quartett vervollständigt dann mit perfektem Timing noch ein Anruf meines Vaters, der mit Freunden gerade zufällig auf einem Teilstück der violetten Via Alpina unterwegs ist, - ebenfalls schimpfend.

An der großen Salami-/Wurst- und Weinverköstigung am Abend auf der Hütte beteiligen wir uns nicht. Meine beiden Lagerzimmergenossen tauchen gegen 00:45 auf ...


Freitag, 18. Juli 2014

Tag 049: Ein herzliches Willkommen in der Schweiz

Schweißtreibend geht es heute erstmal insgesamt 1500 Hm bergauf bis zum heutigen Scheitelpunkt San Romerio. Anfangs für 30 Minuten auf dem gestrigen Abstiegsweg und dann gen Norden.
Mal geht es steil aufwärts, mal sehr steil, manchmal auch weniger steil über quasi gepflasterte Saumwege bzw. Singletrails durch den Wald auf italienischer Seite.


Bei einer ersten Orientierungs- und Hotelbuchungspause (da haben die Schweizer aber über Nacht DEUTLICHST die Preise erhöht ! :-( kommt mir ein Rudel Wanderer mit kleinen Rucksäcken bzw. Kindertragen am Buckel mit einem erfrischenden "Grüezi" entgegen. Nett und sogar noch kurz vor der Grenze, die später gar nicht zu bemerken ist. Allerdings merkt man den Unterschied sehr deutlich, sobald der Weg wieder auf Bergpfade führt: Markierungen, Wegweiser, frei gemähte Wege - Schweizer Akkuratesse. Schön bei den Eidgenossen zu sein.

Kurz danach laufen (im Wortsinne, denn fahrbar ist der Weg bis dorthin nicht) noch zwei Mountainbikerinnen auf mich auf. Der bayerische Dialekt klingt nach den letzten Tagen wie Musik in meinen Ohren und so unterhalten wir uns ein paar Meter, bis es für die zwei wieder fahrbar wird und gen Berninapaß weitergeht.

Ganz so weit geht es für mich zu Fuß natürlich nicht, aber immerhin bis Poschiavo, wo auch die Berninabahn von Tirano - meinem italienischen Ausgangsort heute - kommend, sich als einzige Schweizer Eisenbahn ohne Tunnel und ohne Zahnradantrieb über die Alpen kämpft. Ich kann die roten Züge von oben des öfteren sehen, die zum Höhengewinn auch mal Modelleisenbahn-artige Kreisviadukte bemühen. Mit 7% Steigung gehört sie zu den steilsten Normalspurbahnen mit Reibungsbetrieb in Europa.

Als ich am Nachmittag ums Eck bei der Kirche San Romerio biege, erlebe ich eine positive Überraschung: Direkt daneben ist eine geöffnete Alm mit schattigen Tischen im Freien - an diesem heißen Tag nicht zu unterschätzen.
Also erstmal den Geldbeutel mit den Fränkli raussuchen und dann stärken. Die Wirtsleute und die "Gastarbeiterin" aus Flensburg sind total nett, nur das Glas mit der ersten Schorle (natürlich 0,5 - wir sind ja nicht mehr in Italien) KANN nicht voll gewesen sein ;-)
Die Chefin will es bzgl. Route dann auf der Karte noch genau wissen und holt auch noch das Gästebuch hervor, nun da trägt man sich ja gerne noch ein (übrigens, liebes Ristoro-Team, ich muß mich noch korrigieren: Mit Euch sind nach 49 Tagen erst 4 Lokalitäten auf der Unbedingt-wieder-besuchen-Shortlist und viele werden da wegen zunehmender Entfernung auch nicht mehr dazu kommen :-).


Im Abstieg stellen mir die Schweizer aber doch noch eine schwierige Aufgabe: Die Wegweiser, Steinschlagwarnung und ausradierte Alternativroute lassen mich an einer Abzweigung reichlich ratlos unentschieden zögern. Letztlich gehe ich doch den klassischen Weg und mir fällt auch nichts auf den Dickschädel, dafür darf ich einen Raubvogel beim Bad beobachten.

Es sind diese besonderen Erlebnisse und Begegnungen, die diese Reise so unvergesslich machen.





Donnerstag, 17. Juli 2014

Tag 048: Tiefpunkt erreicht

Vom Rifugio Schiazzera geht es heute in einer Halbtagesetappe hinab nach Tirano.

Bereits nach zehn Minuten Abstieg über Saumpfad direkt von der Hütte wird mir einiges klar: Zum Beispiel wie und wohin all die vielen Menschen gestern zu fortgeschrittener Stunde so schnell entschwunden sind. Hier ist ein Parkplatz und eine Schotterstraße führt bis kurz vor die Hütte.

Ansonsten habe ich heute sagenhafte 11 (E L F) Aufstiegsmeter zu verbuchen, dafür mehr als 1600 im Abstieg, so daß ich - natürlich nur rein geographisch betrachtet - mit gut 400 Metern über Meereshöhe (Mittelmeer) so niedrig wie seit der Steiermark in den ersten Tagen meines Spaziergangs sein dürfte und somit einen Tiefpunkt erreicht habe.


Doch das alles ist nur die Ruhe vor dem Sturm, schon morgen wird es in die Schweiz wieder ordentlich, tagfüllend bergauf gehen.


Tag 047: Eine Frage der Moral

Eine lange Etappe steht an: Mit mehr als 8 h veranschlagt und letztlich knapp 27 Kilometern geht es heute eigentlich in die falsche Richtung: SüdOST - eigentlich will ich ja noch nach Westen, aber die Via Alpina vollzieht hier quasi eine Schleife, bevor es demnächst dann mehr durch die Schweiz geht.

Angenehm an der Etappe: Man bewegt sich die ganze Zeit zwischen 1800 und 2400 Metern, läuft meist am Hang entlang, Seitentäler müssen nur im Ansatz ausgelaufen werden und die Strecke verläuft abwechslungsreich durch Wald, Buschwerk und Weide-/Felsgebiet oberhalb der Baumgrenze, zwischendrin kommt man immer mal wieder an Almen vorbei, die aber meist gerade nicht besetzt sind.

Bei meiner Mittagspause kommt eine italienische Familie vorbei und die Frau - als letztes gehend - stellt mir ein paar Fragen, die ich sogar mal auf italienisch beantworten kann, was später, als ein älterer Herr über seinen Schmuggel von Zigaretten und Kaffee in den 50ern aus der Schweiz mit mir fachsimpeln will, schon ungleich schwieriger wird.


Auf dem Weg zur Salina-Alm sind Hangabrutschungen und andere typische Lawinenfolgen bzw. deren Beseitigung per Säge zu erkennen. Prima, denke ich mir, wobei der Weg trotzdem nicht gerade als optimal FAHRbar selbst für gute Biker zu bezeichnen ist. Die beiden fluchen auch ein wenig, ob der heute bereits hochgestrampelten Meter, schließlich müsse es ja auch mal abwärts gehen. Tendentiell logisch, bis zu gut fahrbarem Weg haben sie aber noch ein Stück.


Ich dagegen fluche ein Stück nach der Alm: Der sog. Weg sieht aus wie eine dichte Nachbarschaftshecke. Auf dem eigentlichen Weg kann man gar nicht mehr gehen, sondern man tänzelt entweder auf einzelnen Grasbüscheln und Steinen am Abgrund entlang oder schlägt sich mittig durch die Büsche, in der Hoffnung, daß dort wo man nichts sehend hintritt schon kein Loch oder dergleichen Haxen-brechendes sei. Hier war schon Jahre niemand mehr mit der Säge unterwegs.
Oberhalb der Baumgrenze ist der Spuk vorbei und in ein paar Wegserpentinen geht es zur Bergschulter La Forcoletta hoch.
Hier ist plötzlich die Hölle los. Jede Menge Menschen.
Aha, auf direktem Weg sind es nur 20 min zur Schiazzera-Hütte.

Auch wenn mir dieser Weg nahegelegt wird, wähle ich denn doch die 120 min Variante, die noch eine Schleife durch das Tal auslaufend, am Lago Schiazzera vorbei macht, denn das Wetter sieht noch stabil aus, ich bin erst seit 6 h unterwegs und fühle mich noch gut. Nach nun mehr als 1000 Kilometern zu Fuß unterwegs außerdem eine Frage der Ehre und Moral :-)

Einzig die Menge an Leuten zu fortgeschrittener Zeit hier oben gibt mir zu denken, ist doch auf keinem Schild außer der Hütte ein Ziel mit weniger als 3 h zu erreichen und so groß ist die ehemalige Finanzwachhütte nun auch wieder nicht.

Im Abstieg vom See zur Hütte müssen ich und die anderen Wanderer aber erst noch mehrfach zwei Motocrossfahrern auf dem Singletrail oder Saumpfad Platz machen, die hier durch die Gegend heizen - nun ja, ob DAS sein muß ...


Nach 8 h erreiche ich die Hütte, wo wohl gerade die Dachrenovierungsarbeiten für heute eingestellt werden.
Eine sehr freundliche Frau kommt gleich auf mich zu, als sie mich mit meinem großen Rucksack auf die Hütte zugehen sieht, und mit einer Offerte von Abendessen, Dusche, Zimmer und Frühstück punktet sie bei mir natürlich gleich. Italy, 12 points :-)


Letztlich bin ich mal wieder der einzige Gast auf der Hütte. Wie kommt's ?




Tag 046: Hungriger Spurenleser

So schlimm wie erwartet war die Nacht auf dem Betonboden gar nicht: Zwar öfter aufgewacht, aber nicht gefroren, bis kurz vor 6:00 durchgehalten und gar nicht mal gerädert, ob der unbequemen Schlafstatt.

Zeitig geht es heute somit auf den Weg gen Westen in ein kleines Seitental hoch zu einem Hochtal mit jeder Mene Seen und einer ganzen Reihe von verrammelten Almhütten. Das Wetter ist (typisch Vormittag) herrlich und die einsame Landschaft grandios.

Nur der in der Karte, im GPS und in der Via-Alpina-Beschreibung vermerkte Weg ist wohl maximal mit vereinzelten Steigspuren zu charakterisieren. Immerhin meine ich in einer steilen Rinne auf halber Höhe einen Farbklecks auszumachen und die Richtung paßt gemäß GPS.

Am Vortag hatte ich Motivations-technisch gerade noch durch Kartenstudium rechtzeitig festgestellt, daß nicht nur die Via-Alpina-GPS-Tracks eine Farce sind, sondern ab und an auch die Höhenmeterangaben. Die 2000 Aufstiegsmeter sind einfach unglaubwürdig - am Ende des Tages wird das GPS 1100 Aufstiegsmeter anzeigen, bei ca. 1000 m Höhendifferenz sehr plausibel.


Nach einem weiteren See, geht ein Steig durch eine Felswand und danach offenbart der Blick nach oben die nächste Herausforderung: Um in eine sehr steile, Steinschlag-gefährdete Rinne zu kommen, ist ein großes, steiles Schneefeld direkt bis zum Eingang der Rinne hochzusteigen. Nach 45 Tagen habe ich von solchen Schneeoperationen aber gerade mal die Nase voll und klettere stattdessen abenteuerlich durch Felsen und Gebrösel schräg nach oben, um mit fünf Meter Schneefeldquerung direkt in den Weg der Rinne einzuqueren.

Dort hält kaum ein Stein auf dem anderen bzw. dem lockeren Boden und so glaube ich in der Anstrengung bis kurz vor dem Ausstieg aus dieser Passage schon fast an Halluzinationen, als ich erst einen blauen Rucksack vor mir oberhalb sehe und dann wieder nicht mehr. Vor mir kann niemand aufgestiegen sein, den hätte ich gesehen.
Die Auflösung kommt in den Felsblöcken im Übergang zu flacherer Passage mit Schneefeldern bzw. Felsen bis zum Vermolerajoch: Ein italienisches Pärchen will meinen Aufstiegsweg im Abstieg gehen (nicht zu beneiden !) und als eher vorausgehend mich sah, ist er nochmal zurück, um auf mich zu warten und keine Steinschläge zu provozieren. Das ist aber nett !

Am Übergang treffe ich einen 68-jährigen Italiener im Fleecepulli samt Frau und Hund. Obwohl es erst 11:30 ist, sind schon wieder dunkle Wolken aufgezogen und es ganz schön kalt geworden.
Nichtsdestotrotz unterhalten wir uns bestimmt fast eine halbe Stunde auf Englisch, er zeigt mir Videos und Fotos von Bergtouren der letzten Tage, teilweise auch aus Gebieten, wo ich auch unterwegs war, auf seinem Smartphone und schwärmt von Deutschland als Radel-Destination. Dresden-Hamburg, bayerische 5-Flüsse-Tour, Mannheim-Cuxhaven, ... er ist sehr viel mit seiner Frau dort unterwegs - und die verrückten deutschen Radler quälen sich dafür über die Berge zu Garda oder Comer See. Mmmh, vielleicht sollte ich die Deutschland-Tour doch mal zu Fuß gehen ? ;-)
Die Fitness, der Elan und vor allen Dingen die jung gebliebene Lebensfreude und aufgeschlossene Kommunikation nötigen mir jedenfalls großen Respekt ab. Chapeau !

Beim Abstieg in das Sacco-Tal fluche ich dann allerdings immer lauter über die Italiener: Immerhin ist dies ja auch Teil des Sentinero Italiano SI, aber auf den flachen, sumpfigen Hochflächen zwischen Übergang und Pian del Lago verlieren sich Spuren völlig, wobei hier wahrscheinlich schon 5 einfache Holzpfähle für die nächsten 10 Jahre alle Orientierungsprobleme ad-acta legen würden.

Dank GPS und Ignoranz gegenüber irreführenden Steinmännern (die in Italien aber im Vergleich sowieso eher als Kinder zu bezeichnen sind), komme ich letztlich nach einem Haken doch wieder auf den richtigen Weg und letztlich zum ziemlich neu und gepflegt aussehenden Rifugio Malghera.

Den Koch dort störe ich zwar gerade an seinem I-Book, aber die korpulente Gestalt, sein Job und vor allen Dingen seine Englisch-Kenntnisse sollten mir sehr entgegen kommen.
Ich skizziere ein schauriges Eita-Erlebnis und daß ich seit 1,5 Tagen nichts mehr richtiges zu Essen hatte (die zwei süßen Energieriegel und ein paar Cashewkerne kann man ja nicht als Essen rechnen und doch können sie einen retten, Peter ! - Also weiterhin auch unter Vermeidung für den Fall der Fälle dabei haben !). Umgehend bekomme ich noch vor der Dusche zwei Mega-Salami-Sandwiches und Kuchen, der bei der Abrechnung am nächsten Tag auch noch aufs Haus geht.


Neben mir ist noch eine größere Gruppe Jugendlicher vor Ort, welche mir drei wichtige Erkenntnisse offenbart:

1. Es braucht nur halb so viele Italiener um den gleichen Lärmpegel wie die Innsbrucker auf der Sattelalm zu erreichen.


2. Trotzdem geht es ungleich gesitteter (man betrachte nur mal die Ordnung der Schuhe im Gang) und höflicher zu: Einer der älteren spricht mich pro-aktiv auf Englisch an, ob ich (nun erstmal satt und zufrieden) auch Duschen möchte, und zieht dann umgehend einen der jüngeren auf dem Weg zur Dusche aus dem Verkehr, denn einer sei schnell fertig und die Gruppe könne anschließend gehen.

3. Als ich gegen 21:00 gen Zimmer schleiche herrscht noch großer Trubel und man sammelt sich mit Taschenlampen. Fortan habe ich nichts mehr gehört. Entweder hat die potentielle Nachtwanderung den Kids die nötige Bettschwere verpaßt oder der Generatoreffekt hat mich immunisiert. Egal ! ;-)


Tag 045: Notlager in der "Fabrik" ...

... neben dem Stromgenerator und der Heizung.

Aber von Anfang an:
Nach der gestrigen langen Etappe und dem wenigen Schlaf, lasse ich es heute nach dem ausgiebigen Frühstück ruhig angehen, da heute mit gut 4h nur eine Halbtagesetappe ansteht. Bei morgens, wie zuletzt üblich, gutem Wetter geht es zunächst hinein ins Violatal, dann zweigt die rote Via Alpina allerdings ab, um über einen mit 2300 m erheblich (gut 500 Hm) niedrigeren Übergang gen Süden zu führen.

Neben Rostockern begegne ich im Almbereich noch einem auf der Wiese langgestreckt in der Sonne schlafenden Hirten - sein Hund hat die Kühe fest im Griff und mich schieb er nach einem Blick in die Schublade "harmloser Spinner". Also rasch und leise vorbei, man will ja nicht stören. Nach der Alm störe ich dann nur noch Heerscharen von Murmeltieren, die mich deshalb ordentlich auspfeifen.


Die Schotterstraße führt letztlich bis über das Joch und auf der anderen Seite hinab bis Eita, einem Ort am Ende der Welt. Mit 20-30 Häusern immerhin 10x so groß wie Stein im Pfitschertal und doch hört laut Bodenkontrolle gemäß Google/GoogleMaps die (zivilisierte) Welt vorher auf.

Laut meiner Unterlagen sollte es hier mindestens zwei Unterkunftsmöglichkeiten geben, aber zumindest das so wirkende Gebäude neben der Kirche besitzt keinen offensichtlichen Gästeeingang (wie sich mir nach und nach erschließen sollte, ist es wohl eine Art Kinderheim).
Nach etwas umherirren (Handyempfang ist auch eher als nicht existent zu bezeichnen), spreche ich mit meinen paar Brocken Italienisch ein paar Einheimische an. Laut denen, gibt es hier keine Unterkunft mehr, sondern am ehesten im Tal - 10 km entfernt.

Ein Mann erbarmt sich meiner und klappert mit mir zwei Häuser ab, wo ich evtl. zumindest ein Dach über dem Kopf bekommen könnte, schließlich steht morgen laut Plan eine harte Bergetappe mit 2000 Aufstiegs- und fast genauso viel Abstiegsmetern bevor.
Beim ersten Haus ist niemand da und beim zweiten gibt es auch eine Absage.

Ich soll am besten in der Sonne beim ersten Haus warten, in spätestens 1-2 h sollte jemand auftauchen.

Zwischenzeitlich meldet sich das wechselhafte Wetter wie üblich mit dicken Tropfen eindrücklich zurück :-(

Da sehe ich alten Mann am Haus und spreche ihn an. Er ist alles andere als begeistert, aber zumindest einen rudimentären Raum hat er wohl. Er führt mich zum Souterrain neben der Kirche und sperrt zwei Metalltüren auf. Wir räumen in den Kellern etwas Gerümpel zur Seite und schließlich ergibt sich auf dem Betonboden eine Art Liegefläche, wobei sogar noch eine Plane als Unterlage aufzutreiben ist. So kommen heute erstmals faltbare Isomatte und Daunenschlafsack zum Einsatz. Wer zuletzt lacht, lacht am besten ... :-)


Nachdem ich eine artistische Klettereinlage hingelegt habe, können wir sogar den Verschlag vor dem Fenster öffnen, so daß es sogar Licht gibt.


Draußen ist alles andere als ein lauschiger Sommernachmittag geschweige denn -Abend, da der Wind bläst, es wolkig ist und immer wieder mal ein Schauer nieder geht. Tagebuch oder Blogschreiben geht auch nicht, also heißt es Zeit totschlagen.

Um 16:00 wird der Generator nebenan angeworfen. Das Dröhnen des Schiffsdiesels geht durch Mark und Bein, aber ich bin müde und friere leicht, also mal für ein Stündchen "Bett" testen und ob ich wirklich unter jeglichen äußeren Umständen schlagen kann. Ich kann. Die Ohrenstöpsel brauche ich also nicht raussuchen.

Ich rechne damit, das der Generator spätestens um 22:00 heruntergefahren wird und wärme mich dann noch im Türrahmen und an der Abgasableitung um kurz vor 21:00 ordentlich auf, bevor ich mich ans Schlafen gehen mache, wobei der Diesel schon wenige Minuten später gestoppt wird. Jetzt röhrt nur noch die Heizung, wenn sie ab und an anspringt.