Am Morgen ist es noch recht frisch und der Weg führt erstmal flach am See entlang. Dann wird einem aber schnell durch Sonne und Anstieg gen Süden warm.
Das Wetter ist wieder klasse und der als Maultierweg ausgebaute Pfad zum Colle Croce di Ferro auf 2558m ist traumhaft zu gehen.
Auf der Südseite des Übergangs dann das übliche Bild: In den mittleren Lagen hängen die Wolken und noch ist man über ihnen.
Ich kehre kurz auf eine heiße Schokolade (ich liebe diesen kaum flüssigen Schokoladenpudding !) im Capanna Sociale Aurelio Ravetto kurz unterhalb des Übergangs ein bzw. sonne mich auf der Terasse, weil es in der Hütte sowieso zu kalt ist. Eine Genossenschaft, die von einem Spirituosenfabrikanten gegen die Namensrechte eine ehemalige Kaserne zur Hütte umgebaut bekommt - auch ein interessantes Konzept ;-)
Im weiteren Wegverlauf bergab gen Westen, taucht immer wieder der mächtige Rocciamelone mit seinen 3538m und der schwarzen Bronzemadonna (wie auch immer man die 3m große Figur 1899 auf den Gipfel bekommen hat) aus den Wolken auf.
Eine Besteigung hätte ich zwar leicht in meine Wanderung einbauen können, aber der Fokus liegt bei dieser Tour ausschließlich auf dem Weg und so lasse ich den Gipfel rechts liegen, auch wenn es mein höchster Wandergipfel in Europa gewesen wäre (immerhin 29m höher als der Hochfeiler in den Zillertalern).
Zwischenzeitlich geht ein richtig kalter Wind und mir kommen zwei dick eingepackte Wanderer entgegen, während ich ärmellos unterwegs bin. Die Frau passiert mit einem italienischen Gruß, der Mann dazu aus Heidelberg spricht mich gleich auf Deutsch an: Ich sei doch der Graz-Wanderer und da habe er Nachrichten über Unterkunft von Marion und Jörg für mich.
Herrlich: Der Streckenfunk funktioniert also auch auf diesem Fernwanderweg und sogar schneller und verläßlicher als Kommunikation via Mail und SMS. Letztere Nachrichten von Jörg erreichen mich nämlich erst später und gehen in all den gestern aus Gründen aufgelaufenen, eingegangenen Nachrichten fast unter.
Wobei EINE Nachricht zum (wenig) erbaulichen Thema mich wirklich ganz besonders erfreut: Sie kommt aus Dänemark. Naja, eigentlich von einem dänischen Handy von Maike und Rani, die mich nicht vergessen haben :-)
Da fällt mir wieder ein: Falls Maike sich gesundheitlich stabilisieren konnte, die beiden nach ihrem Pausentag nach dem Bätzing-Führer weitergelaufen sind und ihre geplante Abreise von Susa beibehalten, dann KÖNNTEN sie heute Abend auch in Il Trucco einlaufen.
Zusammen mit Jeff gehe ich die letzten Kilometer und letztlich über einen netten Waldweg bis zur Häuseransammlung am Hang, wo auch das Rifugio liegt. Nun heißt es nach zwei gemeinsamen Wochen, von Jeff Abschied nehmen, der heute noch bis Susa absteigen will (insgesamt hat er dann heute mehr als 2.000 Abstiegsmeter - würde ich Knie-schonend möglichst vermeiden), um von dort am nächsten Morgen die Heimreise anzutreten.
Die jungen Wirtsleute in der Unterkunft sind sehr nett, das Essen ist lecker und ich habe das Lager im zweiten Stock für mich alleine. Der abenteuerliche Zugangsweg über die schmalen Außengittertreppen wäre in Zentraleuropa wohl nicht zulässig, aber seitlich, mit überhängendem Rucksack komme ich mit Mühe hoch ;-)
Stromversorgung mit 230 Volt gibt es nicht, da die Unterkunft 12 Volt-Netz aus Solarpanels hat. Mobilfunkempfang ist auch nicht existent, aber an einer Klippe ein paar Häuser weiter ist Empfang.
Dort höre ich plötzlich Stimmen: Aus dem Wald kommen die Schweizer und Rani und Maike. Ich werd' verrückt ! Welch freudige Überraschung !
So kommen wir über unterschiedliche Wege bzw. Etappenaufteilungen doch nochmal zusammen, die Schweizer vom Gipfel des Rocciamelone und die Mädels von einer strammen Etappe zum Schlußsprint nach Susa, die ich in zwei geteilt hatte.
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