Dienstag, 2. September 2014

Tag 081: Durchschlagen

Abends und bis zum frühen Morgen hat es in Pialpetta wirklich geregnet und ich bin froh, direkt im Hotel abgestiegen zu sein. Der Wetterbericht sagt noch etwas mehr Niederschlag bis Mittag voraus und das Gras am Weg ist bestimmt naß, also mal prophylaktisch Regenhose anziehen, auch wenn es beim Losgehen nur grau und trüb aber von oben trocken ist.

Die heutige Etappe ist quasi spiegelverkehrt zur vorherigen: Mehr als 1600 Hm Aufstieg und mehr als 1200 Hm Abstieg.

Bereits nach kurzer Zeit im Aufstieg durch den Wald entledige ich mich der Regenhose: Einfach zu warm und so naß kann das bischen Gras gar nicht sein.
Der Pfad geht am Hang entlang gen Westen bergan bis oberhalb der Baumgrenze die erste Alm Gias Nuovo passiert wird. Es bleibt weiterhin trüb und man kann nicht wirklich weit sehen.

Über felsigeres Terrain geht es an der Gias di Mezzo vorbei, wo einerseits Nieselregen einsetzt - den ich wegen zunehmend aufreißendem Himmel mal wieder ignoriere - und ich andererseits durch die Nebelschwaden kurz zwei Leute in den Serpentinen durch das Erlengebüsch oberhalb erspähe. Mmh, können weder Marion und Jörg sein (die hatte ich am Morgen überholt) noch Jeff (der ist, nachdem nur noch Cola und Cracker bergauf halbwegs drinbleiben, eher nur noch eine halbe Portion).

Beim Passieren der Hochebene um die Alm Gias dei Laghi und die zugehörigen Seen ist der Himmel nun deutlich aufgerissen und deutlich sonnig und so kann ich vor mir nun auch genauso deutlich Nelly und Andreas, die beiden Schweizer etwas ratlos bei der Wegsuche beobachten, die ich kurz danach erreiche.

Mein GPS zeigt eine deutliche 180°-Wendung an und so finden wir nach ein paar Metern gemeinsam auch sofort wieder den richtigen Weg. Die beiden lassen mir den Vortritt, bei dem ich netterweise auch gleich noch die ganzen verbliebenen Tropfen von Erlen- und Rododentron-Gebüsch absammle - man ist da ja gerne behilflich ;-)
Stellenweise ist durch den Bewuchs kaum noch ein Durchkommen, aber von Machete und Säge (quasi das große Schweizer Taschenmesser ;-), die Andreas für solche Passagen mitführt erfahre ich erst später. Genauso, daß sie stolzerweise dort im Rucksack blieben, denn der Kai war ja auch so durchgekommen - ja, ja, schlechtes Vorbild bin ich also auch noch :-)

Danach geht es mit einer kurzen Stelle leichter Kletterei durch die Felsen und schließlich in die Schotterserpentinen des Schlußanstiegs zum Colle di Trione auf knapp 2500m.


Was die beiden dort an Essen und Getränken aus den Rucksäcken zaubern, sprengt mein gesammeltes physikalisches Verständnis von Zeit und insbesondere Raum. Das wird mir mit den beiden noch einige Male so ergehen. Hut ab.


Wie im Wanderführer angegeben, habe ich 4,5 h für den Aufstieg gebraucht, Jeff wird geschwächt 7 gebraucht haben, da er im Abstieg aber weiterhin gut unterwegs ist, wird er nach einer langen Etappe auch noch rechtzeitig zum Abendessen kommen.

Auf der Südseite hängen wie immer die Wolken und westlich des Übergangs noch deutlich höher am Nachbarberg eine ganze Schafherde im Steilhang.


Im Abstieg verschluckt mich bald der Nebel und zwischen den Almen verliert sich manchmal der Weg durch fehlende Markierungen und sehr ausgeprägte Kuh-Abstimmungen mit den Paarhufen. Leider ist dazu zwar ein Hinweis im Führer aber kein entsprechend aufgezeichneter Weg am GPS und die Almen sind teilweise nicht mit Namen beschriftet. Einmal richtig übel vom Weg abgekommen und zu faul zum Wiederaufstieg, steige ich abenteuerlich durch dicht bewachsenes Bachtal und Dank GPS direkt zurück auf den Wanderpfad, wo mir die beiden Schweizer nun wieder im Nacken sitzen, die sich zu zweit systematisch von Markierung zu Markierung gehangelt haben.

Der Nebel wird etwas lichter und schließlich hat man unter den Wolken wieder Sicht und guten Weg auf Fahrstraße bzw. Pfad ins Tal.


Nur die angegebenen Gehzeiten bis zum Ziel Balme auf den Schildern spielen nun verrückt: Hoch, runter, wilde Sprünge und an einer Stelle 3m voneinander entfernt, links bzw. rechts der Straße 1h Zeitunterschied - die spinnen, die Italiener !


Andreas, den Schweizer treiben sie damit fast in den fassungslosen Wahnsinn.

Die Unterkunft in Cornetti bei Balme ist prima: Ein altes Haus, schick renoviert und erweitert, sauber und leckeres Essen sowie selbstgemachtes Eis.





2 Kommentare:

  1. Ich habe im Abstieg von der obersten Alm 1h50, von der nächsten, etwa 30 min entfernten Alm 2h30 angekündigt bekommen, um bei der untersten Alm zu erfahren, dass es von hier aus aber nun ganz sicher noch genau 1h50 sind... :-)

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  2. Die Zeitangaben auf dieser Etappe vor Ort und im Rotherführer sind jenseits von gut und böse, da habe ich auch ein paar Bilder von Schildern ...

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