Sonntag, 20. Juli 2014

Tag 050: Aus Graz kommen

Aus Poschiavo, dem Hauptort des Puschlavs, geht es über Umwege und verschlungene Pfade nur langsam in den Anstieg. Nach zwei Stunden bin ich mehr Süden und kaum nach Westen (in Richtung meines Tagesziels) und noch nicht mal ganz 400 Aufstiegsmeter vorwärts gekommen.
Heute stehen allerdings mehr als 1700 Meter bergauf auf dem Programm. Das kann ja heiter werden, insbesondere da ich schwitze wie ein Tier, obwohl die Sonne heute gar nicht so vom Himmel brennt. Erst ist es mir unerklärlich, später kommt mir am ehesten das würzige Curry auf der Haweiipizza des Vorabends in den Sinne - oder eine versteckte Zutat in den Untiefen der Graubündener Gerstensuppe.

Bis zur Alpe Cancian auf gut 2100 Metern führt ein Fahrweg, ab dort geht es auf einem Pfad zum Canciano-Paß, der Grenze zu Italien.
Nachdem die Alm nicht bewirtschaftet scheint, lasse ich mich gleich an der Abzweigung für eine kurze Pause nieder.
Leider verwechselt eine immer größere Kuhherde mich und meinen Rucksack augenscheinlich mit einem mobilen Salzleckstein. Ich habe größere Mühe, mir diese vorwitzigen Rinderzungen vom Leib zu halten. Letztlich habe ich aber den größeren Ochsendickschädel - könnte ja jeder kommen ... ;-)


Nach mehr als 5 Stunden erreiche ich den ersten Paß und prompt kann ich neben dem grandiosen Ausblick auf die Gletscher an der Bernina im Norden, den kleinen am Pizzo Scalino gleich anbei im Süden und jede Menge Leute am nachgelagerten Campagneda-Paß sehen, dem mit über 2600 Metern höchsten Punkt für heute.


Der Abstieg an den verschiedenen Seen vorbei vergeht wie im Fluge und immer mehr italienische Tagesausflügler sind faul an den Seen oder auf der Wiese beim Picknick zu beobachten.


Mein Pfad führt einsam über Wiesen am Trubel vorbei, nur für 100 Meter muß ich mir Schotterweg aber dann gleich mit 50 Leuten teilen,  bevor ich in den Pfad zum tollen Rifugio Zoia abbiege. Das Tagesziel erreiche ich sogar noch erheblich vor der geplanten Zeit.

Dort treffe ich dann ein pensioniertes Pärchen aus Österreich. Annemarie und Peter kommen aus Graz - allerdings nicht zu Fuß, sondern sie leben dort und sind gerade ein Stück auf der roten Via Alpina in Gegenrichtung unterwegs. Peter ist die wanderbaren Etappen der gelben Via Alpina von Triest bis Oberstdorf über die Jahre sogar schon komplett gegangen. Echt nett, die beiden und prima, sich einerseits über die nächsten Etappen (der Muretto-Paß soll mir noch jede Menge unliebsames bereit halten) und andererseits über die Berge im allgemeinen und Konzept und Umsetzung der Via Alpina im besonderen austauschen zu können. Man könnte auch sagen, wir schimpfen mit dem gleichen Tenor und das Quartett vervollständigt dann mit perfektem Timing noch ein Anruf meines Vaters, der mit Freunden gerade zufällig auf einem Teilstück der violetten Via Alpina unterwegs ist, - ebenfalls schimpfend.

An der großen Salami-/Wurst- und Weinverköstigung am Abend auf der Hütte beteiligen wir uns nicht. Meine beiden Lagerzimmergenossen tauchen gegen 00:45 auf ...


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