Die Pension Wurzer, wo Ingrid mich am Vortag abgeliefert hatte, bot ein Frühstück, wo so manches Hotel zum dreifachen Preis deutlich nachstand, der Liter Saft am Abend und Obst sowie der Rest vom Frühstück in Alufolie für unterwegs, denn schließlich bräuchte ich als Wanderer doch Stärkung, war bei 22 EUR für Ü/F inklusive.
Lieber mal gleich gegessen habe ich u.a. das Ei, den selbstgemachten Thunfisch-Brotaufstrich mit frischem Schnittlauch, den Bauerntopfen, der in Kombination mit der köstlichen Blaubeermarmelade einen deliziösen Fruchtquark ergab und den fluffigen selbstgebackenen Kuchen mit Obsteinlage ... Ok, ich komme schon wieder ins Schwärmen und schweife ab.
Gen Norden geht es bergauf nach Tuffbad.
Nach einer knappen Stunde geht es in die heutigen beiden Etappen des Gailtaler Höhenwegs.
Das Tagesziel ist idealerweise die Connyalm, ein SB-Restaurant im Skigebiet von Obertilliach, die im Sommer aber auch 10 Matratzenlager laut Internet haben. Telefonisch habe ich am Vorabend niemanden erreicht, sollte im Laufe des Tages ja aber kein Problem sein.
Eine folgenschwere Fehleinschätzung ...
Heute soll es über drei Sattel gehen:
Im Aufstieg zum Guggenberger Sattel ist das Wetter prima, auf der Wiesneralm unterwegs gibt es noch ein großes Getränk, die Wege sind in Ordnung und ich bin guter Dinge. Im Abstieg führt die Markierung anders als auf der Karte eingezeichnet und am Ende wild ein Bachbett in einer Schlucht hinunter. Außer nassen Hosenbeinen kein Thema und die trocknen bei der Mittagspause schnell.
An der Lotteralm vorbei in den Anstieg zum Sattel am Hals (nennt man das dann evtl. "Schulter" ?). Unterwegs kommen mir zwei nicht sehr gesprächige junge Mehrtageswanderer entgegen - vermutluch von der Connyalm. Das Wetter zieht heute schneller zu und noch 150 Hm unter dem Übergang rüste ich auf Feuchte um (alles, was naß werden könnte (Kamera, Landkarte, Handschuhe, Kopftuch, Hemd), wegpacken; Regenhut auspacken - das hat bisher meist abschreckend genug gewirkt). Die Querung zum Gumpedall zieht sich etwas und vis-à-vis im Süden, am Karnischen Höhenzug hängen schon Unwetter an den Talenden. Ich habe noch ein ganzes Stück Weg vor mir, auch wenn ich die Connyalm gegenüber im Skigebiet schon sehen kann.
Kurz nach 16:00 heißt es im Ochsengarten Entscheidung treffen: Talabstieg nach Obertilliach oder Aufsteigen via Gontrunsattel und weiter hoch über den Grat von Kofelspitze zu Morgenrast.
Problem: Ich hatte den ganzen Tag über keinen Handyempfang und die Connyalm somit noch nicht erreicht.
Ich entscheide mich für den Aufstieg. Bis zum Gontrunsattel hält das Wetter noch halbwegs, dann beginnt es zu stürmen, stark zu regnen und das Gewitter zieht auf.
Am Sattel hatte ich um 17:00 sogar kurz Empfang, aber die Telefonverbindung bricht gleich wieder ab.
Die dort angegebene Gehzeit von 2h weiß auch nicht zu motivieren, aber das Gewitter gibt nochmal Schub für die letzten 250 Aufstiegsmeter, wobei ich darauf achte, daß das Gewitter nicht direkt hier ist. Um kurz vor 18:00 habe ich den Speichersee des Skigebiets erreicht, die Hütte ist nicht mehr weit und Handyempfang.
Auf der Hütte ist nur noch der Anrufbeantworter dran :-(
Die Familie unterhält auch ein Wandertaxi, dessen Mobilnummer ich mir gespeichert hatte, wo ich den Juniorchef erreiche.
Er ist schon im Tal aber total hilfsbereit, wird klären, was noch möglich ist und mich sogar zurückrufen. Ich laufe erstmal weiter durch den Regen gen Hütte, das Gewitter ist Gott sei Dank vorbei.
Der erlösende Rückruf: Es wird wieder jemand aus dem Tal zur Hütte hochfahren und für mich, einzelnen durchnässten Wanderer extra über Nacht aufmachen.
WOW ! Gestern Kärnten, heute Osttirol, es gibt schon wirklich tolle Menschen, die man heutzutage noch unterwegs kennenlernen kann ...
Es würde aber sicherlich 30-45 min dauern.
Das ist mir sowas von egal - meinen kompletten Striptease unter dem Hüttenvordach sieht dann wenigstens keiner :-)
Mit Schlappen, Wollsocken, trockenen Klamotten, Mütze und Handschuhen, um auf 2000 Meter in naßkalter Witterung nicht auszukühlen, empfange ich den Seniorchef, der den Abend und den nächsten Morgen nur für mich den Laden schmeißt.
Wirklich klasse Sache und da ziert das Label "Bergsteigerdorf" nicht umsonst die Hütte und wenn man überlegt, daß die in der Saison nur ca. 40 Übernachtungen haben, ist derlei Einsatz sehr bemerkenswert.
Skurril an der Sache: Ich schlafe quasi das erste Mal auf einer Hütte auf der Eckbank: Ein früherer Gastraum ist heute quasi Souterrain und oben drauf wurde modern in den 90ern komplett neues Restaurant gebaut. In den alten, U-förmigen Sitzecken hat man Tische entfernt und einfach Bretter quer auf Eckbänke geschraubt und mit Matratzen versehen. Ergibt lauter 2-Bettnischen. Dumm darf man sein, man muß sich nur zu helfen wissen ...
Außer einem dicken Trinkgeld ist der Familie mein Dank und Hochachtung in jedem Fall gewiss.
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