Sonntag, 3. August 2014

Tag 064: Pommerland ist abgebrannt

Am frühen Morgen schüttet es, als wir frühstücken geht regnet es noch leicht und als ich mich ziemlich spät aus Rimella auf die kurze Etappe heute auf den Weg mache, hat es gerade mal ganz aufgehört - Wettervorhersage und Himmel lassen aber keine falschen Illusionen aufkommen.


Nach einem kurzen Stück Straße zweigt in einer Kehre Fußweg ins Tal ab, der auf der anderen Seite durch die großteils verlassenen/verfallenen Weiler Roncaccio Inferiore und Superiore führt. Der Weg ist sehr nett, allerdings sind die Ausblicke Wetter-bedingt leider begrenzt. Im Weiler La Res am Übergang ins Nachbartal Valle Baranca scheinen noch mehr Häuser bewohnbar, hier ist man mit der Materialseilbahn zum befahrbaren Ort Belvedere auch nicht ganz so weit von der Zivilisation entfernt.


Nach 2,5 h, im Abstieg bei Boco setzt der Regen wieder ein. Und wie ! - Ich überlege noch kurz, ob Nette den Aufstieg zum heutigen Tagesziel auf gut 1500 m wohl gerade noch trocken geschafft haben könnte, allerdings zeigten die grauen Schleier gen Talende den dort bereits früher einsetzenden Regen.

Ab La Piana geht es noch eine Weile im strömenden Regen auf der Straße bis Santa Maria/La Gazza. Dort steht schon die ER-DE und kurz danach hört der Regen auf.


Ein kräftiger Italiener packt gerade Rucksäcke in einen Seesack und wir unterhalten uns mit meinen paar Brocken Italienisch und mit Händen und Füßen: Der Sack geht zusammen mit Baumaterial, Möbeln und wie wir später noch sehen werden (und nicht ganz unwichtig) Essen, Wein und Getränken per Hubschrauber auf die Alpe und beim letzten Transportflug wird der Herr auch gleich noch mitgebracht.

Hintergrund ist, daß die Alpe Baranca Ende Mai bis auf die Grundmauern abgebrannt ist :-(
Obwohl auf Fotos von Mitte Juni augenscheinlich noch gar nichts vor Ort bzgl. Wiederaufbau passiert ist, soll ab Ende Juli provisorisches Betrieb als Posto Tappa, also GTA-Etappenunterkunft, wieder möglich sein. Da könnte sich Bozen bei dem Hin und Her um den Wiederaufbau der Stettiner Hütte mal eine Scheibe von abschneiden, statt nach 3 Monaten noch nichts vor Ort getan, aber Wiederherstellungszeit schon mal auf 3 Jahre ansetzen :-(

Nun, die Italiener sind ja nicht gerade für ihre Zuverlässigkeit bekannt, aber als wir nach unserer Reservierung am 02.08. ankommen, sind wir SEHR positiv überrascht: Es ragen zwar noch verkohlte Überreste eines Viertels des ursprünglichen Gebäudes mahnend und schaurig erinnernd in den Himmel, aber der Rest steht schon wieder. Das Dach ist zwar noch provisorisch mit Planen abgedichtet, die Küche hat noch keine Schränke, es gibt noch Vorhänge statt Innentüren und die Dusche hat noch keine Duschwände aber schon heißes Wasser ! - Die Prioritäten sind genau nach meinem Geschmack, denn Küchenmöbel sind zwar nett, aber zum Kochen nicht essentiell :-)


Wie sich herausstellt, war der Mann im Tal die Nachhut der ganzen Familie. Kinder und Enkel sind zur Unterstützung der pensionierten Eltern, die die Alpe betreiben und sicherlich EXTREMSTE 8 Wochen hinter sich haben, angerückt. So sind wir die einzigen externen Gäste.

Nach einigen Verzögerungen ist das Wetter schließlich für einige Stunden so stabil, daß endlich der Hubschrauber fliegen kann und das sehnlich erwartete Material bringt.

Bis spät am Abend wird die Küche mit gebrauchten Möbeln bestückt, Inventar gleich reingeräumt und die Vorräte verstaut. Am nächsten Morgen als wir frühstücken werden bereits die ersten Innentüren montiert. Gut, wenn die ganze Familie mit anpackt !

Unsere Verpflegung ist alles andere als provisorisch und sehr lecker, die heiße Dusche Luxus, das Lager mit Doppelfeldbett und insgesamt 20 Plätzen schon fertig und die Folie auf dem Dach trotzt entgegen meiner Alpträume (ab und an wache ich auf und leuchte die Decke nach Wassereinbrüchen ab) selbst den heftigsten nächtlichen Gewittern sowie sintflutartigem Regen. Viele Produkte sind aus eigener Herstellung von Ziegen, Schafen und Kühen.

Daß es mangels installiertem Ofen noch etwas klamm bei dem Wetter (mehr April als August) war, haben wir durch eine zusätzlich Deckenschicht, zusammenkuscheln und 11 h Schlaf kompensiert.





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