Sonntag, 31. August 2014

Tag 079: Ein königlicher Spaziergang

Das Frühstück ist fast noch die Steigerung der Desorganisation des Abendessens, noch dazu nicht im Speisesaal des Hotels einzunehmen, sondern in der kleinen Bar 300m weiter in der Ortsmitte.
Sinnigerweise sind die Frühstückssachen auf einem Tisch am Rand wahllos in Verpackungen aufgestapelt, zu dem es kein Durchkommen mehr gibt, sobald drei Tische belegt sind.
Zwischendurch geht die Seniorchefin nochmal zum Dorfladen Nachschub kaufen, der dann dem Restberg mit Mühe hinzugefügt wird.
Daß neben den Porzellantassen und dem Metallkaffeelöffel sonst nur Einweg-Plastik-Geschirr und -Besteck zur Verfügung steht, verwundert da kaum noch. Immerhin sind die Croissants frisch aus dem Ofen prima, aber ich kann es mir trotzdem nicht verkneifen, subversiv den Joghurt nicht mit vorgesehenen Plastiklöffel, sondern ganz frech mit dem Kaffeelöffel zu verspeisen - jede Revolution muß schließlich mal mit einem kleinen Keim beginnen. Das Bezahlen gestaltet sich denn auch als SEHR langwierig, aber irgendwann ist auch diese Hürde gemeistert.

Jeff, der sonst immer früher losgegangen ist, kommt heute gar nicht in die Gänge und ist noch völlig unaufgeräumt im gemeinsamen Zimmer, als ich mich aufmache.

Im Ort folge ich dann erst falscher Markierung zum Wasserfall, an der Kirche bemerke ich einige Meter weiter allerdings meinen Fauxpas und biege zurück auf die Straße ab. Nach wenigen Kehren zweigt der schöne Pfad bergauf in den Gran Paradiso Nationalpark ab. Nachdem die Markierung zwischenzeitlich durch den Wald einer Schotterstraße folgt, verpasse ich wohl Abzweigung in Mulateria. Als ich dies bemerke, ist die Frage: Dem in der Landkarte nicht eingezeichnetem Fahrweg weiter folgen und auf erneutes Zusammenkommen hoffen oder querfeldein den Steilhang hoch. Ich entscheide mich für letzteres, treffe auf den Maultierweg, um 20 min später, im nächsten Weiler festzustellen, daß ich auch Fahrweg hätte weiter gehen können. Gehüpft wie gesprungen :-)


Bewohnte und unbewohnte, verfallende Weiler und Dörfchen wechseln sich ab. Die unbewohnten überwiegen und das vollständig eingerichtete Klassenzimmer in einem renovierten Haus - vermutlich als Anschauungsobjekt - wirkt in diesem Umfeld ganz schön gespenstisch und mir läuft im Schatten ein Schauer über den Rücken. Gut daß rs gleich in der Sonne weiter geht !


Bei Potes geht es in einem Bogen durch den Grund des Seitentals und nach der Kapelle auf dem Hügel wieder deutlich bergauf und bis zum Almgelände um Prà del Cres auf knapp 2000m, oberhalb des Orco-Tals entlang.


Seit dem Verlassen des Fahrwegs waren Wetter und Pfade heute schon traumhaft, aber der sanfte Abstiegspfad durch den lichten Nadelwald nach Ceresole Reale (dem königlichen Mineralbad) setzt dem noch das i-Tüpfelchen auf.


Durch den weitläufigen Ort von augenscheinlich überwiegend Ferienhäusern geht es unspektakulär zur Herberge direkt an der "Fonti Minerali".


Ich bekomme einen Platz im großen Lager und gehe erstmal Duschen. Als ich aus der Dusche komme, erreicht mich eine SMS. Komisch. Aus Dänemark. SEHR komisch. Von den Mädels, daß sie SCHON am Tagesziel sind und Zimmer für uns vier haben. Zum Schießen komisch :-)
Ich trete auf den Balkon und blicke lauthals lachend auf Maike und Rani hinab.

Später ziehe ich um und mit einiger Verspätung trifft auch Jeff ein. Beim Abendessen klärt sich dann alles auf: Jeff ist seit dem Vortag mit Magen-Darm-Problem belastet und Maike seit heute. Jeff braucht dadurch bergauf sehr lange und die Mädels waren wieder abgestiegen und durchs Tal gegangen, nachdem Maike gar nicht mehr bergauf gehen konnte. Zuvor waren sie am Morgen am Wasserfall vorbei auch noch ewig weit den falschen Weg 548 von Noasca aus aufgestiegen und hatten dann auch noch verpaßt, daß die Querung via Rifugio Noaschetta dann wieder auf die GTA-Route geführt hätte - wenn's mal schief läuft, dann eben gleich richtig.

Nun letztlich ist unser Quartett für einen letzten Abend nochmal komplett, denn die Zwillinge hatten bereits von Anfang an für den Geburtstag am folgenden Tag Pause eingeplant.
Beim Abendessen heißt es dann für mich (bzw. meinen Magen) flexibel sein: Von Maike und Jeff fällt schließlich jede Menge Hüftprotektionsmaterial für mich ab - wäre ja schade drum ;-)







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