Am Vorabend habe ich im Agriturismo noch ein Pärchen kennengelertn, die nach dem Englisch-sprachigen Cicerone-Führer gehen. Somit sind der Holländer und die Polin in Gegenrichtung von Süd nach Nord unterwegs und werden mir nicht mehr begegnen.
Auch die Familie taucht wider Erwarten nicht auf. Evtl. haben sie wie die Niederbayern es geplant hatten, weder Bahn benutzt, noch längere Etappe absolviert, sondern ab dem Kloster San Giovanni insgesamt drei Kurzetappen eingelegt.
Eine Verlängerung meiner letzten Etappe zur Aufrechterhaltung meines herausgelaufenen Vorsprungs hätte 2300 Hm bergab und am nächsten Tag mehr als 2000 Hm bergan bedeutet und dann wäre noch nicht mal ein Tag gewonnen gewesen. Nein, danke ;-)
Somit geht es heute gut 1000 Hm bergab und auf der anderen Talseite gegenüber mehr als 1100 Hm bergauf.
Am Morgen hängen die Wolken so dicht als Nebel am Hang, daß man stellenweise weniger als 30 m weit sehen kann. Auch mein Gefühl für Himmelsrichtungen in Bezug zum Weg ist völlig gestört.
So gehe ich erst völlig falsch, dann in Richtung, wo junge Leute scheinbar aus dem Tal hochkommen, um dann letztlich querfeldein strikt nach GPS zurück auf den Track zu steuern, da Weg sich verloren hatte.
Trotz GPS und höherer Sensibilisierung verliere ich noch mehrfach den Weg oder gehe dann einfach mal Alternativen.
Der Abstieg besteht überwiegend aus steinernen Maultierwegen, die auf Grund der Nässe und Steilheit, in Kombination mit den abgenutzten und runden Steinen sehr unangenehm zu gehen sind.
Letztlich werde ich heute mit Pausen für den Abstieg deutlich länger brauchen als für den späteren Aufstieg mit mehr Hm auf der anderen Seite.
Wenige 100 Hm über dem Talgrund hat man endlich Sicht und etwas Sonne. Man kann in die Po-Ebene schauen und das Tal entlang, wo die Autobahn in die Aosta-Region und letztlich durch den Mont-Blanc-Tunnel bis nach Frankreich führt - wobei man munkelt, der Tunnel wäre die Tage wegen Hochwasser gesperrt gewesen.
In Quincinetto im Tal befinde ich mich auf weniger als 300 Metern über dem Mittelmeer. Das ist bis zum Ende meiner Reise hoffentlich der tiefste Punkt, den ich geographisch zu durchschreiten habe.
Körperlich geht es mir im Aufstieg über Treppen, Pfade und hauptsächlich Maultierwege jedenfalls wieder deutlich besser, auch wenn er extrem Schweiß-treibend ist, vermutlich der Wärme von deutlich mehr als 25° und der Schwüle geschuldet, da letztlich alle Wanderer am Tagesziel von gleichem Eindruck berichten werden.
An der Kirche Santa Maria auf 920 m ziehe ich deshalb auch bis zur letzten Faser völlig durchnäßtes Hemd aus und ein frisches Unterhemd stattdessen an. Gerade als ich wieder weiter will, fängt es an zu regnen :-(
Ich ignoriere den Regen und es hört nach wenigen Minuten auch wieder auf. Allerdings komme ich jetzt wieder in die Wolken: Badewannenkurve geographisch und was das Wetter angeht.
Der Wanderführer liegt mit seiner zeitlichen Abschätzung der Aufstiegseinteilung Gott sei Dank komplett daneben und so bin ich bereits eine Stunde später am Agriturismo auf 1400 m.
Dort treffe ein vorerst letztes Mal Andrea, die allerdings schon wieder auf dem Sprung ist. Dafür lerne ich am Abend noch Jeff aus Thüringen und die Geschwister Rani und Maike aus der Heide, bzw. in Dänemark lebend, kennen, die in Quincinetto wieder in die GTA eingestiegen sind. Als Quartett werden wir die nächsten Tage Quartier zusammen beziehen und uns auch tagsüber immer wieder begegnen.
Ich werde diesen Sommer auch in Quincinetto einsteigen und zumindest bis Susa gehen. Gutes neues Jahr!
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